31. Dezember 2008
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noch immer
wie gras wuchernd
das alte sterbende lied
vom töten
weil wir der SPRACHE nicht
königsmächtig sind
in der WORTschaffung armgekleidet
unter den menschen
noch immer
der wirklichkeit verheerendes spiel
mit der dürftigen sehnsucht nach
aufgeteiltem
in grenzen
das leben aufzählen
in machtstücken
kaltgründig
die zukunft verlieren
oder
versöhnend
die hand reichen.
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Angelika Zöllner
31. Dezember 2008
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07:00
träume steigen wie blüten
und die fragen klingen
wie glasharfentöne
unbeschreiblich
in ihrer singenden klarheit
steh’ ich in regenfäden
geschlossener tag
kein schnee keine antworten
die ich lange gesucht habe
heute stelle ich fragen –
das - lerne ich – hilft weiter
über manchen verlorenen grund
über verletzten doppelten boden
traumnetze lösen sich auf
die windharfensaiten reißen
die glasharfe klingt blutig
und in den straßen schüttelt der krieg
da pflanz’ ich noch immer
blumen des zorns und der zärtlichkeit
für die menschen
baue häuser und luftschlösser
für den aus- und den inländer
für alle geliebten und ungeliebten
hin und wieder verlier ich den mut
das samenkörnchen
ich hebe es auf und halte es warm
zwischen den händen.
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Angelika Zöllner
31. Dezember 2008
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Deutschlands
steinerne fenster
die linie von ost nach west
gräben und schmerzzonen
ob es genügt die
starren mauern aufzustemmen
das bodenbrachland mit den fremden
lang getrennten händen umzupflügen?
vor den augen kreuzen
die alten eingebrannten
seelenlinien zu
neuen mustern auf
wohin – in welchen himmel
in welche hölle stoßen wir
und stülpen sinnlos
leicht wie sommerhüte
die neue macht im kopf in
billigstoffen über
auf alten fehlerplätzen
schweigt das laub
im stundenglas wächst
hoffnung hoch wie knospen
noch bleibt der fuchs
im alten lammpelz stumm
ist’s eilig
sich auf menschenleben und
ein friedlich gehen zu besinnen
zwischen zwei klirrenden minuten
läuft die zeit.
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06:56
weiß ich nicht wirklich
wer außer landes ist
du oder ich
jeder der sich auspflanzt
wird mit fremde übergossen
woher nehm’ ich das recht
oben oder unten zu stehen
trau’ ich mich bald nicht mehr
ausländer anzusprechen
weil sie sich abgrenzen
von dem bissigen fluß meiner landsleute
weiß nicht wie ich die
sprache wiegen soll
wenn nachbarn das wort wenden
menschen sind für mich menschen
gleich welcher farbenreichtum ins gesicht geschrieben
kassandrarufe die alte sternzeit in gelbem glanz
wird beschworen tarnt sich
in neuem kleid
ach wer will hier
brandfackeln und richten
das verbrennen von seelen
sich anmaßen nach eigenem licht?
lass uns die grenzpfähle umpflügen und hartherzen
lösen – aufgesteckt auf den zäunen
im leichten wind.
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31. Dezember 2008
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06:53
Deutschland
das widerspenstige wort
zu viel besungen
zu viel über den tisch gezogen
nun liegen wir da
mit aufgeschlagenem gesicht
die träume längst über die stufen gestürzt
und tasten doch
einander neu in den armen
fremde ist eingezogen
unbekannter mond stiehlt die sternläufe
nur die herbstsonne steigt unverrückt
richtet sich auf
über den steildächern
die luft klingt spröde
von alten gedichten
in unseren händen
eine liebesgeschichte.
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31. Dezember 2008
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06:48
vaterlandsgarten
wenn grenzen sich auflösen
wachsen meine inneren mauern
nichts ist mehr wie es war
doch das gerede um den vaterlandsgarten
blüht als wäre da
nichts gestanden zwischen
gestern und morgen
übermorgen
bringt die antwort der wind
wie von ungefähr tönt es
hinter den stirnen
von allen dachfirsten klirrt es wenn wir
nicht begriffen haben
wo macht aufhört und
nur liebe eine
sternstraße schlägt.
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06:46
die tödlichen grenzen zum schweigen bringen
ist das erste wunder
wenn menschen aufstehen
und rattenzüge von Hameln sich anschließen
freiheit als kostbarstes gut über
den rücken werfen
und die sackträger sich aufrichten
die glieder strecken über neu ins
weite gestreckte land
dann wächst die zweite
mit lachen durchtränkte saat
zwischen den händen
die hoffnung um reife die
unverbrauchte frucht in den köpfen
wenn wunder möglich wären
punkt drei – im tanzschritt
den traumspiegel halten und die friedensstraße wagen –
zwischen menschen.
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06:20
zwischen den häusern
wortfetzen
in den gesichtern
die panische melodie
kann ich nicht wohnen
in ihren ruhlosen stimmen
träum’ ich mir täglich
ihre lebendige form
und ghettos die
steinerne landschaft
aufgelöst
in einem sternwort
zwischen menschen.
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