10. November 2012
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17:28
Das Vieh wird unruhig
bitte mehr Bälle!
Konsumterror diktiert
von den prallen Werbebeilagen der Wochenblätter
das Portefeuille unbegrenzeter Möglichkeiten.
Während die Krise
weiter brodelt
pfeifen sie es dir
mit Blockflöten ins Gemüt
denn nur von dir
kleiner Mann
hängt es ab
ob Mutti Merkel
den Ehrenpreis
des europäischen Komitee
über vorbildlichen Konsum erhält.
Die Deutschen geben dieses Jahr
neun Prozent mehr aus
für Weihnachtsgeschenke
soviel Großmut
muss doch einmal
erwähnt werden.
Die Deutschen werden dieses Jahr
deutlich tiefer
in die Tasche greifen
soviel Inflation
muss doch einmal
erwähnt werden.
Und am Ende
fickt sich die Statistik
wieder selbst in den Arsch.
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Thomas Reich
7. November 2012
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13:46
Beide Hände um die
noch dampfende Tasse geschlossen
wie ein Ertrinkender
der sich an einer Planke festklammert
ohne Steuermann
in unsicheren Gefilden.
Die ersten Sonnenstrahlen fallen
auf das rissige Brach
wo die Jugend
ihre Feste feiert
zugekotzt und mit
verschmierten Kondomen verkleistert
wie ein Spinnennetz
Nachts lärmen sie
wie die Tiere
Brunftschreie toben durch die Nacht
und ausgelassenes Gelächter
dass ich mich nicht mehr
vor die Türe traue.
In der Fabrik nebenan
haben sie das Fließband
durch billigere Menschensklaven ersetzt
Bäume
ihre kahlen Finger drohend
zum Himmel erhoben
rotten vor sich hin
Stahlskelette
den letzte Schrei
in einem Zahnrad eingeklemmt.
Die Vögel pfeifen
im knirschenden Geäst
als könnten sie es kaum erwarten
nach Süden zu kommen.
Einem von ihnen
habe ich eine Nachricht
ans Bein gebunden
doch er pickte mir in die Hand
undankbare Nadelstiche
brennen wie Weihwasser
in des alten Teufel's Krallen.
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Thomas Reich
3. November 2012
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16:17
Du bist schneller
weil du einen Mercedes fährst
im gleichen Dunkelgrau
wie deine Maßanzüge
die sich alle
bis auf's letzte Knopfloch gleichen.
Hetzst von Meeting zu Meeting
kennst alle Mineralwassermarken
an ihrem Geschmack
kannst es aber nicht lassen
sie mit einer Zitronenscheibe zu versauen.
Kennst deine internationalen Geschäftspartner
von diversen Videokonferenzen
die sich aneinanderreihen
wie die Bonusmeilen
auf den Sohlen deiner Budapester
zu Weihnachten hast du
eine Grußkarte verschickt
aus irgendeinem Hotelzimmer
an die Familie
du kannst dich nicht mehr erinnern
wo das war.
Der Terminplaner aufgeklappt
wie ein hungriger Klappspaten
dir dein eigenes Grab zu schaufeln.
Wenn du meinst
mich überholen zu müssen
dann lasse ich dir gerne
den Vortritt.
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Thomas Reich
1. November 2012
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16:14
Das leise Rauschen der Schnellstraße
draußen
vor meinem Fenster
wie ein Seeungeheuer
welches aus der Brandung kroch
um mein Herz zu verschlingen.
Wenn sie vorbeiziehen
dann hinterlassen sie Schmauchspuren
wie Pistolenkugeln
Wunden aus verkokeltem Asphalt
und rote Striemen
auf meiner Haut
die neunköpfige Peitsche
ausgeworfen
wie eine Angel.
Selbstmörder schwimmen stromaufwärts
zum Laichen
mit mir geht es bergab
dabei ist mir gar nicht
zum Lachen.
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29. Oktober 2012
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17:50
Eigentlich kannste froh sein
dass deine Sammlung
keine Super-8-Formate aufweist
auf Spulen aufgezogen
wie Sprungfedern
oder verfilzte Schamhaare.
Hochglanzmagazine
stammen aus Zeiten
vor DVD's oder Internet
staubige Dinosaurier
abgeschmackter Männerphantasien.
Aber wirklich alt bist du
wenn du
deine Pornomagazine aussortierst
weil
die Bilder in deinem Kopf
viel schmutziger sind
als es ein Hochglanzmagazin
je sein konnte.
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20. Oktober 2012
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11:31
Wieder an Land
ernähre ich mich
von lieblos dargebotenen Erdnüssen
als könnte ich
kein neues Kunststück mehr lernen.
Dabei stimmt es ja nicht
dass einer
zu tief ins Glas gucken kann
die wenigsten
haben je einen tiefen Blick genossen
nur das Schaumbad
welches die Seele kitzelt.
Zucken
wenn eine Hand dir
in den Rücken schlägt
unter deinesgleichen
harte Arbeiter
die sich ihren Weg in die Erde
erkämpfen, und niemals träumen.
Lass uns das draußen regeln
okay, auch recht
und ich folge dem dumpfen Auftreten
seiner schweren Stiefel
um ihm die Scheiße
aus dem Leib zu prügeln
oder selbst ein bisschen Staub zu schlucken.
Der Haifisch der hat Zähne
und die klatsch ich ihm
aus dem Gesicht...
Ich erinnere mich
an meinen ersten Tag im Lehrschwimmbecken
ausgestattet
mit diesen häßlichen orangefarbenen Flügeln
versuchte ich
mich gegen die anderen Haie
im Becken zu behaupten
und zog mir am Ende
eine Chlorvergiftung zu
hustend, spuckend-
wieder am Bier verschluckt
wie kann einer
an Land ertrinken
frage ich mich
wieder & wieder.
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19. Oktober 2012
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11:21
Unter tausend Sorten
würde ich dich
herausschmecken
oder ist es nur
eines deiner Sumpfhaare
was sich in meinen Zähnen verkantet
dort wo die Bäche zusammenfliessen.
Wie eine Robbe
inmitten schwarzweißer Flügel
die dem Laien
alle gleich aussehen
immer das Paar erkennt
was ihr gehört.
Packeis
pack's weg
in dieser kalten Welt
ist es schön zu wissen
dass man eine Hitzequelle hat
in die man eintauchen kann
bis zum Ende des Knochens
und
zuhause ist.
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17. Oktober 2012
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17:15
Eingeschlagen in braunes Packpapier
der Tod
der in der Kehle brennt
wie der Atem eines Drachen
feurige Flammen
die sich in meine Eingeweide graben
während der hölzerne
Indianerhäuptling
auf mich herabsieht
wie aus besseren Tagen
die dieser Schnapsladen
vor der Rezession erlebte.
Grienende Jungen
die Chinaböller
an die Schwänze
räudiger Hunde binden
und sich vor Lachen halten
wenn es die armen Tölen
zerfetzt.
In einem Hinterhof
kommt mir
die ganze Scheiße wieder hoch
und ich denke mir
das ist noch das Beste
was mir passieren konnte
verglichen mit dem Hund.
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17. Oktober 2012
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17:10
Verführt von einem Zimmermann
der träumend
durch die staubigen Gassen zog
die Augen weit offen
wie ein kleines Kind
anstatt einmal
Hammer und Nagel
in die Hand zu nehmen
und sich dem Fluch
der arbeitenden Bevölkerung
zu ergeben.
Am Ende seines Weges
fand er
Hammer und Nagel wieder
denen er zu fliehen versucht hatte.
Wer glaubt
auf dem richtigen Weg zu sein
wird automatisch zum Gutmenschen
so jedenfalls glauben wir
und folgen seinen Worten
Heute beten sie
das goldene Kalb lauter an denn je
Mammon Glotze Status
komm wir spielen
eine Runde Quartett
MEIN HAUS MEIN AUTO MEINE FRAU
Unter den Christen
findest du die gottlosesten von Gottes Kreaturen!
Diese ganze Scheißreligion
ist nur ein feuchter Männertraum
Frauen wurden zu Hexen gestempelt.
heute
werfen wir Pussy Riot ins Arbeitslager
weil sie die Obrigkeit kritisieren
und nehmen Opfern das Recht
nach einer Vergewaltigung
abzutreiben.
Gottgewollt?
Menschgemacht!
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6. Oktober 2012
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16:55
Bleischweres Flimmern
der TV-Monitore
auf einer staubigen Mittagsstraße
die Fensterbänke
ausgebucht bis auf den letzten Platz
Zaungäste, stille Zuschauer.
Reagan und Schwarzenegger
wie nah doch die Politik
an der Schauspielerei liegt
die Schauspielerei an der Illusion
und die Illusion
wieder an der Lüge
geboren aus dem dunklen Schoße Hollywoods
der toten Hure an der Küste
aus deren Fotze Würmer kriechen
rollt den goldenen Teppich aus
und steckt sie in einen Ornat
aus schwarzen Rabenfedern
wie es Raubvögeln geziemt.
Die Wahl zu haben
zwischen Pest & Cholera
wo ist mein Schierlingsbecher
wenn es mich dürstet
den bitteren Nachgeschmack
der Demokratie
auf der Zunge zu spüren?
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28. September 2012
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18:59
Ach du liebes Wernerchen
alles ist hin
macht doch kein Sinn!
Eine gute Statistik
verrät mehr über ihren Auftraggeber
als diejenigen
die sie abbilden soll
Lügen schauen zum Fenster herein
wie sie zum Fenster rausschauen
die wichtigen Fragen
die die Tagespolitik
mit pikierten Fingern aussortiert
werden systemgetreu
unter den Teppich gekehrt
Demokratie braucht eine Putzfrau
die saubermacht
porentief rein
dass kein Gedanke
auf krumme Gedanken kommt.
Palmwedelnde Eunuchen
zerfressen vom Neid
nur Statisten zu sein
am Rande des Geschehens
blinde Idealisten
die
wenn sie wirklich
in die Misere hineingezogen
die sie nur aus Balkendiagrammen kennen
japsen würden
nach Luft oder Gnade.
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24. September 2012
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10:15
In den Fenstern
derer
die sich keinen Strom mehr leisten können
brennen Kerzen
anstatt Hoffnung
man findet sie dort
wo Nachts keine Sonne scheint
wenn der letzte Cent der Stütze
für ein paar Flaschen Bier reicht
einen trockenen Kanten Brot
und Butterersatz
auf Lebensmittelkarten
man findet sie dort
wo Nachts keine Sonne scheint
Hausaufgaben werden erledigt
solange der Tag
seine Fühler
nach ihnen ausstreckt
um sie zu küssen
wie ein Judas
oder gar nicht
helle Köpfe
verlöschen im Dunkeln
man findet sie dort
wo Nachts keine Sonne scheint
Keiner unter ihnen
denen es am Fleisse mangelt
nur der Mut
der ist ihnen
in den dunklen Jahren
abhanden gekommen
man findet sie dort
wo Nachts keine Sonne scheint
Sie zu vergessen hieße
sich an ihnen schuldig zu machen
die mal waren wie wir
denen das Licht abhandenkam
wie Steinzeitmenschen.
Lösche das Licht
ihre Sorgen und Ängste
erhöhe die Niedrigsten
und lass sie erstrahlen
zu Königen
wenn die Sonne nicht mehr scheint.
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22. September 2012
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14:36
Man möchte ihnen
das hämische Grinsen
aus der Fresse bügeln
und sie
an der nächsten Garderobe aufhängen
doch welchen Sinn macht es
wenn sie
auf dem Fließband nachwachsen
jeder so wichtig
mit seinem kleinen Aktenköfferchen
welches prall gestopft ist
von Hausfrauenlügen
und Wohlstandsbäuchen
dass es platzen möchte.
Der Tod eines Handlungsreisenden
der immer nur reist
ohne anzukommen
aber niemals handelt.
Zieh ihnen
den Anzug über die Ohren
wie einer Sau die Haut
beim großen Schlachtfest
darunter
sind sie armselige Würstchen.
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10. September 2012
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/September
/2012
17:26
Leni ist ein frühreifes Ding
so jedenfalls
sagen die älteren Herren
mit denen sie ausgeht
und wenn sie
im anonymen Schein
einer Neonröhre
die Strumpfbänder abzieht
wie eine alte Haut
die Laufmaschen gezogen hat
dann glaubt sie es
fast selbst.
Biersaurer Atem
schlägt ihr ins Gesicht
wie eine Faust
für sie
die liebevollste Geste
die man ihr
je gewährte.
Was weiß
so ein junges Ding wie sie
denn schon von Liebe?
Der blaue Bock
hat es ihr geflüstert
und seitdem glaubt sie
das wäre das große Gefühl
während sie verträumt
ihren Teddybären drückt
dass es ihm
die Polsterwatte
aus den Rippen schwitzt.
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2. September 2012
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06:34
Mit jedem Tag der anbricht
entgleitet
mir die Realität
rollend
wie ein Garnknäuel in der Nacht
hastig versuche ich
den spinnigen Faden zu greifen
und doch witscht er
durch meine Hände.
Während die Dinge
ihre Namen verlieren
irre ich blind
durch den Garten
tanzend wie ein Kind
unter den ersten Strahlen
einer goldenen Oktobersonne.
Wenn alle Namen schwinden
wird aus der Welt
die weiße Wildnis
in der meine Träume einst rankten
und der letzte Name
den der Wind davon trägt
wird mein eigener sein.
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28. August 2012
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08:16
Soeben
war die Welt noch bunt
ein Kaleidoskop
was ich zu fassen versuchte
wie ein Kind
unbekümmert auf dem Fußboden spielend
doch die Farben
wollten mir nicht halten
der Regen hat mich ausgewaschen
und doch kein Gold gefunden
all die Lichter sind weitergezogen
in eine andere Stadt
nichts haben sie hinterlassen
als verbrannte Erde
ich kann meinen
sauren Schweiß riechen
den metallischen Geschmack des Versagens
auf den Lippen
ich bin mir wieder
auf den Leim gegangen
vertraute meinem Schatten
dem ich die Hand gab
wie dem Bonbononkel
über den Acker geschleift
schreiend
und diesmal
hat mich die verdammte Sau
Dreck fressen lassen.
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25. August 2012
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11:11
Marion ist eine Nette
sagen auch die Ärzte
alle Operationen gut überstanden
doch die Fäden bleiben drin
damit sie tanzen kann.
Nach Moselgelagen
mit Weinbrüdern
sind die Mundwinkel
frisch gestärkt
zum herbstlichen Gartenfest
in der abhörsicherne Laube
wo Onkel Josef
und Supermario, der muntere Racker
Champagner ordernd
und Rebhühner schmatzend
bereits die Bedingungen
zur
bedingungslosen Kapitulation einer Nation
vor den Banken
aufbereitet haben.
Mit dem Kalkül
einer schwäbischen Hausfrau
achtet sie darauf
dass die Goldmänner
ihr ein Dessert lassen
mehr ist nicht geblieben
vom Fürstenmahl.
Später
da wird sie die Papiere
den Winkern
der Volkskammer geben.
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18. August 2012
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10:21
Wir fressen uns die Hälse voll
bis wir platzen
jede Stopfgans
wäre stolz auf uns
guten Henkern
werden die Früchte ihrer Arbeit
vorgesetzt in drei Gängen:
VORSPEISE MAHLZEIT DESSERT
...
! AMEN
Halbleere Teller
schicken wir zurück
wir häufen sie voll
damit das Auge sich sattsieht
aber Augen werden niemals satt
Augen kennen nur Wünsche
während anderso
gehungert wird
drechseln wir Gemüse
zu kleinen Blumen
Dekoration
die am Ende
im Müllschlucker landet!
Wir waschen unsere
sauberen Hälse in Unschuld
und massieren sie sanft
dass die Fleischbrocken
heruntergleiten
ohne der Atmung zu schaden
wir schlingen mehr
als dass wir kauen.
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17. August 2012
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18:45
Warum
zerfleischen & versklaven wir einander
warum
flechten wir Menschen
in ein monetäres System
wie Ketzer im Mittelalter
auf's Rad
warum
entscheiden bunt bedruckte Papierbündel
ob Menschen
an der Zivilisation teilhaben
oder nicht
warum
hetzen Lügenbolde in dunkelblauen Einreihern
uns gegeneinander auf
warum
lassen wir es uns gefallen
dass sie uns von der Herde trennen
allein auf weitem Feld
allein im Kampf
anstatt vereint?
Daumen hoch & Daumen runter
zur Belustigung der Ratingagenturen
und der Rothschilds dahinter
wie im Circus Maximus.
Wenn wir doch alle
an einem Strang ziehen
uns nur eine Welt gegeben ist
die nur so liebevoll zu uns sein wird
wie wir zu ihr
sollten wir tief durchatmen
bevor wir uns
aus dem System lösen.
Freiheit wie ein Sektkorken
der dem Druck im Innern
nicht mehr standhält
packt die Ellbogen ein
und lernt
eure Fäuste zu gebrauchen.
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15. August 2012
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/August
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06:32
Ach wie schön ist es
zu wachsen
täglich kaufe ich ein neues Hemd
den Kühlschrank voll
auch wenn ich
immer mehr wegwerfen muss
aber muss nicht jeder
ein kleines Opfer bringen?
Der Jahreswagen
hat schon wieder Staub angesetzt
schnell noch einen Kredit gesetzt
auf Haus und Frau
wenn ich stillstünde
was wäre mit der Welt?
Jedes Jahr ein neues Kind
und jedem Kind
den Hund zum Spielkameraden
so wächst mein Haus
Zimmer für Zimmer.
Wir müssen wachsen
predigt der Wirtschaftsminister
sein Evangelium im Fernsehen
und wenn ich die Hand
auf die matte Scheibe lege
wird er meine Seele erlösen.
Menschen sind keine Zahlen!
Ein Mensch
der vierzig Jahre lang
seine Arbeitskraft
vor den Karren
der Gesellschaft spannt
und jedes Jahr
zehn Prozent mehr Leistung bringt
müsste
von Alter und Abnutzung gezeichnet
viermal soviel buckeln
wie als junger Spund
immer schön hineinwachsen
in den engen Blaumann.
Inflation
verschleisst das Humankapital
aber muss nicht jeder
ein kleines Opfer bringen?
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13. August 2012
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/2012
17:11
Ich schrecke an deinen Gedanken
die ich schon ahne
bevor du sie aussprichst
doch eigentlich
bräuchten wir die Worte nicht.
Ich schrecke an deinen Gewohnheiten
die mir vertraut sind
als wären's
meine eigenen
und teilweise
habe ich deine
schlechten Angewohnheiten übernommen.
Wie ein Geschwulst
aus Tagen und Nächten
die so dicht
ineinander verwoben sind
dass es einen Schuhlöffel bräuchte
um uns
auseinanderzubringen.
Sieht so das Glück aus?
Aufzuwachen
Jahr für Jahr
an deiner Seite
und zu wissen
wie du deinen Kaffee möchtest?
Keuchend halte ich inne
schirme meine Augen
gegen die gleißende Sonne
und nehme die Bergspitze ins Visier.
Dort oben
werde ich tot sein
und wenn der Herrgott
mir ein paar ruhige Momente gönnt
erreichst du den Gipfel
vor mir.
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10. August 2012
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/08
/August
/2012
12:50
Nichts friedvoller
als ein Spaziergang am Sonntagmorgen
wenn die Lache
im Rinnstein trocknet
und die ersten Sonnenstrahlen
tausende Prismen
in die Glasscherben zaubern.
Es ist wieder gesoffen worden
und gevögelt in der Stadt
für jeden der es nicht tat
zünde ich eine Kerze
nur unzureichend
deckt der frühe Dunst
ihre Hinterlassenschaften zu.
Es ist der Tanz
auf dem heißen Vulkan
nobel geht die Welt zugrunde
nach einem Katzenschlaf
gehen sie wieder
zum Fressen über
als kenne ihr Körper
keine anderen Funktionen.
Pfeifend strolche ich
durch die Gassen
mit mir selbst im Reinen
wenn ich zuhause bin
ist der Kaffee durchgelaufen.
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7. August 2012
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07
/08
/August
/2012
15:07
Wenn du denkst
ich wäre angekommen
dann täuscht du dich
ich zweifle mehr
als du denkst.
Weil kein Ankommen für immer gilt
weil Menschen sich ändern
und nur in Etappen das Licht sehen
was heute dein Glück
ist morgen schon opportun.
Mit Demut sehe ich
wie die Erde sich dreht
und falle doch nicht um
während ihr kühler Hauch
mich trifft
wie der Fahrtwind
eines Ozeanriesen
schwer beladen mit Passagieren.
So klein sind wir
dass wir uns den Kopf zerbrechen
ein Leben lang
ob die Welt
morgen noch da sein wird
doch während wir
ein paar Jahrzehnte fristen
zerbricht sich die Welt
die seit Milliarden von Jahren besteht
keinen Kopf.
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4. August 2012
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/08
/August
/2012
17:19
Ich kann dich
herzlich
in den Arm nehmen
doch in meinem Herzen
bleibt es kalt
meine Mundwinkel hochziehen
wie ein Köter
der sein Bein hebt
um an eine Wand zu pissen
und es sieht aus
wie ein freundliches Lächeln
mehr Muskeldruck
und es gleitet in die Augen
wie eine echte Emotion.
Ich war es leid
aufzufallen
spürte ich doch
dass andere Menschen
keine Maschinenseele besaßen
nie stellte ich mir die Frage
warum ich so geworden war
es fiel mir leichter
ihre Gesten zu studieren
um wie sie zu wirken
doch tief in mir drin
floss blaues Wasser
durch Gletscherspalten.
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Thomas Reich
20. Juli 2012
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20
/07
/Juli
/2012
10:37
Wenn der Blauschatten
gehorsam
dem harten Regime
eines Klingenrasierers weicht
auf den Wangen
und unter den Augen
der Abdeckstift
die müden Ringe überdeckt
und Minz & Eukalyptus
die Spuren der letzten Party überdecken
schnürst du die Krawatte
eng wie einen Henkersstrick
fügst dich
in die alltägliche Maskerade.
Wann haben sie dich
über den Tisch gezogen?
Du bist Deals eingegegangen
mit der Gesellschaft
hast gelernt
dich tagsüber zu benehmen
um die Nächte
dem Diktat der Freiheit zu unterwerfen
doch wie frei bist du
wenn dein Krawattenknoten locker sitzt?
Frei genug
um Nutten und Koks
aus der Firmenkasse zu bedienen?
Ach, du bist ja so dekadent
deine Freiheit ist ein Schierlingsbecher
der dir die Kehle verätzt.
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Thomas Reich