19. Juli 2012
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/07
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/2012
10:08
Aufschlagen:
Fensterläden
Morgenzeitung
(die Aktienkurse, nach dem freien Fall).
Der Frosch
wird langsam gekocht
damit er nicht
aus dem Kochtopf springt!
Manchmal scheint es
als wäre noch
viel zu wenig Blut geflossen
weil es immer
das der Falschen ist
was ins Kopfsteinpflaster sickert
dafür werden sie
in die Geschichte eingehen
als Märtyrer
wie Benno Ohnesorg
oder Rudi Dutschke
während sich die Bonzen
im Politbüro verstecken
hinter Mauern
aus Stahlbeton und billigen Lügen
Lügen
bei denen nicht einmal
die Kinder mehr klatschen
im Kasperletheater
während es
den feinen Herren dämmert
dass die Knüppelreihen
der Palastgarde
mürrisch zum Fenster hochschielen
als wäre es nur
ein Katzensprung
oder ein luftiger Moment
um seinem Herzen
einen Ruck zu geben
sich umzudrehen
und mit dem Volk zu marschieren
und endlich zu wissen
wofür man
den Knüppel schwingt!
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15. Juli 2012
7
15
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/Juli
/2012
10:33
Wir haben ihnen
einen Dienstwagen in Aussicht gestellt
nicht wahr?
Fahrer Sekretärin Putzfrau Gärtner
so eine Vorortvilla
macht ganz schön Arbeit.
Wir haben sie eingeweiht
in die dunkelsten Geheimnisse
unserer Republik
und ihre Verschwiegenheit
mit billigen Geschenken
aus der Portokasse erkauft
auf dem Weg zur Hölle
gibt es Bonusmeilen.
Kommen sie
das schaffen sie schon
immer die beste Schönwettermiene
wenn sie ans Rednerpult treten
werden ihnen die Lügen
flüssig über die Lippen gleiten
erinnern sie sich
an den Rhetorikkurs
in unseren Schulungsräumen?
Sie wollen doch
nicht wieder zurück
in Schmutz und Armut
dort
wo sie ihre Wähler
gerade hingeschickt haben?
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15. Juli 2012
7
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/2012
07:46
Bunte Bilder
gaukeln mir die Welt vor
flackern
über meinem Kopf
wie ein Mobilee
lullen mich ein
in einen unruhigen Schlaf
friedlich sabbernd
wie ein Baby.
Angstvolles Aufschrecken
in den Werbepausen
der Verstand atmet durch
nur einen Augenblick.
Nur für die Welt da zu sein
sich an ihr
zu betäuben
an den bunten Bildern
wie ein Marathonläufer
bis der Endorphinschub kommt.
Am Fenster
kauert ein Gesicht
bei Kerzenschein
das auf meine Rückkehr wartet
es ist meins.
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7. Juli 2012
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/2012
07:56
Haben sie überhaupt eine Seele?
Oder sterben sie
tausend kleine Tode
wenn ich
die Seiten umschlage?
Manchmal frage ich mich
wie ich wohl
reagieren würde
wenn ich
einem von ihnen
auf der Straße begegnete.
Vertrauensvolle Vaterfiguren
treusorgende Hausfrauen
Mädchen mit gezurrten Zöpfen
Jungs die nie rebellieren
dabei
wollen sie doch nur verkaufen:
T-Shirts aus indischen Färbereien
geätzte Lunge, kleines Übel
schnell zusammengeleimte Plastikschuhe
mit denen die Chinesen
die westliche Welt überfluten.
Gesichter einer heilen Welt
die nur noch
in Katalogen existiert
Gesichter
der neuen Kolonialherren.
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7. Juli 2012
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/2012
07:53
Psst
weck sie nicht auf
sie schlafen gerade so schön
kein Grund
ihnen zu sagen
dass über ihrer Weide
der rote Blutmond hängt
wie ein Fanal in den Wolken
wir haben doch nichts davon
wenn wir
sie verunsichern
gerinnt ihnen doch
die Milch im Euter
und wir können sie
nicht melken
wie es Generationen
und Generationen und Generationen
von Schäfern
vor uns getan haben.
Solange
sie an ein sanftes Schicksal glauben
werden sie
uns die Milch liefern
die wir brauchen.
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7. Juli 2012
6
07
/07
/Juli
/2012
07:51
Ich erkenne
mein eigenes Gesicht nicht mehr
so hat es in den letzten Wochen
unter dem Schlafmangel gelitten
und den Verhören
die ja doch
zu nichts führen
tiefe Ringe unter den Augen
blaue Flecke
die sie mir
eingetrommelt haben
als wär's das neue Evangelium
drunter
sieht es nicht besser aus
den Leib geschunden
wie Christus auf dem Kreuz
Splinte
die sie mir unter die Finger trieben
die Spuren ihrer Zigarren
während sie lächelten
solche wie die
lächeln
während du einen Schrei
gegen die Zahnreihen drückst
und darauf hoffen
dass dein Stolz unterliegt
denn mehr ist dir nicht geblieben
als der letzte Zipfel deiner Würde
an den du dich klammerst
wie an einen Fetzen
deines alten Lebens.
Sie lassen dich leiden
weil du
deine dreckige Klappe
nicht halten konntest
dabei hast du
als letztes
an dich selbst gedacht
vielmehr an die
die ohne deine Worte
nie den Mut fänden
und still kuschen
während dein Lebenslicht
bald ausgeblasen wird.
Wie weit bist du bereit
für deine Ideale zu gehen?
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2. Juli 2012
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02
/07
/Juli
/2012
07:27
Die Menschen werden ruhiger
wenn sie den Partner
fürs Leben gefunden haben
teils aus Geborgenheit
teils aus reiner Verdammnis
teils aus der Müdigkeit heraus
dem Elend der Jagd zu entgehen
der Lächerlichkeit
der man sich auf Ü-30-Partys aussetzt
wo jeder Atemzug verkrampft
und kein Mensch
ohne Narben durchs Leben geht
die einen auf dem Körper
die anderen auf der Seele.
Alleinerziehend
weil der erste Versuch
ein Schuss in den Ofen war
der gleich einen Braten hinterließ
in Panik erstarrte Machos
deren platte Sprüche
keine Schlampe mehr glaubt
die stellen alle Ansprüche
denn sie wissen ja endlich
was sie vom Leben verlangen
nicht mehr und nicht weniger
und wehe
du weichst von ihren Vorstellungen ab
dann verknöchern sie die Jungfern
bis sie Keramikfiguren sammeln
und sich täglich einreden
alle Männer wären doch kompliziert.
Nein
in dieses Haifischbecken
will keiner von uns zurück
auch wenn es ehrenhaft wirkt
wie ein Schnitzel taxiert zu werden
allerdings eines
was nach seinem Jahreseinkommen
bewogen wird.
Auf jeden Topf
passt ein Deckel
doch der Druck steigt
wie in einem Schnellkochtopf
bis du gar bist
& weichgekocht.
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24. Juni 2012
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/Juni
/2012
08:09
Zum Zerlegen
schicken die Dänen ihr Fleisch
in deutsche Schlachtereien
weil deutsche Zeitarbeiter
billiger sind
als einheimische Kräfte
die einen ehrlichen Tarif verlangen.
Deutschland einig Billiglohnland
nur weiter an der Daumenschraube
die dritte Welt
produziert noch billiger!
Wenn du glaubst
du wärst im sicheren Schoss der Firma
kommt ein Heuschreckenschwarm von Unternehmensberatern
schlägt dir den Rotstift ins Kreuz
aus dem Hinterhalt
wie man es von Schreibtischtätern kennt
da unterschreib ihn doch
den Knebelvertrag
friss oder stirb
eine Abfindung kommt uns immer noch billiger
als dich durchzufüttern.
Zum Sterben geht's ins Grüne
wenn Berliner Bestattungsunternehmer ihre Toten
über die polnische Grenze fahren
um sie dort
durch den Schornstein zu jagen
deutsche Traditionen
auf die wir
hätten verzichten können.
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14. Juni 2012
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/06
/Juni
/2012
10:25
Pulverdampf stand in den Gassen
der Abendhimmel
in Blut getaucht
von den Männern
die ehrbar
für ihre Ideale starben
als sie die Bastille befreiten
später Ausschwitz
und danach Guantanamo
wo sie politische Gefangene
in die Freiheit entließen.
In der Nacht
als der König sich
davonmachte wie eine feige Sau
über Landstraßen
in seinem vergoldeten Dienst-Mercedes
erst an der Raststätte gefasst
verpfiffen von den eigenen Landsleuten
in Schmach & Schande
in die Hauptstadt abgeführt
bespuckt & beschimpft.
Revolutionsgarden
stellten seine Alleinschuld fest
an hohen Steuern & spätrömischer Dekadenz
an Dumpinglöhnen & Zeitarbeit
an Verlagerung von Arbeitskräften ins Ausland
an Rettungspaketen für Zockerbanken
an Brüsseler Direktiven & Notstandsgesetzen.
Am Ende
taten sie es ihm gleich
winkten ihn durch wie ein Gesetz
auf seinem Weg
zum Schaffott.
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12. Juni 2012
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12
/06
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/2012
07:11
Kaum ist
das erste Büschel Schamhaar gesproßen
da ordnete dein Manager an
ab heute bist du
ein bad girl
mit Niedlichkeit
haben wir genug Reibach gemacht
die Kindheit
die du nie hattest
ist nun auch vorbei
also tausche deine Schulmädchenuniform
gegen knappe Lederbustiers
kürze Rock
und verlängere Ausschnitt
wie eine Schneiderpuppe
an der jeder etwas rumzufummeln hat
setz ihn auf
den verwegenen Hut
räkle dich
auf Befehl
oh Baby, gut machst du das!
Du glaubst ernsthaft
du könntest etwas
für dich behalten
nur dich allein?
Darum habe ich dich eingekauft
weil du einfach hinreißend
naiv bist.
Ob es das erste Händchenhalten
oder ein Zungenkuss ist
denk immer daran
du liegst
mit dem Rücken auf der Welt
wenn du deine Beine
um irgendeinen Jungen schlingst
der nur ein Stück
von deinem Ruhm abhaben will
auf allen Plakatwänden
blicken tausende Abbilder von dir
verächtlich auf dich herab
auf Podeste gehoben
und geschminkt wie eine Hure.
Dann endlich das Aufbegehren
wie der Wellenkamm
einer dunklen Flut
die dich mit sich reißt
von den Beinen spült
da du nie gelernt hast
standhaft zu sein.
Von Party zu Party
mit wild schlagendem Herzen
an die Wand der Damentoilette gelehnt
die gerollte Dollarnote entgleitet
deiner zitterdnden Hand
und deine Pupillen
spielen Bongo
neue Freunde neue Drogen
hilflos stolpernde Fotos ohne Schlüpfer
die Paparazzi reichen sie feixend herum
wie Schulhofjungs
jeder will einmal
deine Pflaume sehen.
Keiner will Schuld gewesen sein
wenn du in der Rehab
kalten Schweiß
aus deinen Poren drückst
einem bad girl
kann man alles verzeihen
auch wenn sie mal ein bisschen
über die Stränge schlägt.
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7. Juni 2012
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07
/06
/Juni
/2012
14:29
Wie tief
kannst du gehen
wenn die Oberfläche
dicker ist
als die Haut eines Elefanten?
Schäle sie
wie eine Apfelsine
und vernasche sie
wild schmatzend
wie eine nasse Pussy
vor allem aber sei schnell
bevor die Würmer kommen
und sich die Reste einverleiben.
Ich habe den Teppich angehoben
unter den sie
alles drunterkehrten
und habe meine Kotzlache
mit dazugepackt.
Auch Tote haben Tiefgang
selbst wenn er
nicht mehr als zwei Meter reicht
ein ganzes
verschissenes Leben
als Narben in meine Arme geritzt
weil ich sie bei mir haben wollte
ihre Weisheit saufen
ein Portal in meine Seele
wie eine Kerbe
die der Förster
im Baum hinterlassen...!
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1. Juni 2012
5
01
/06
/Juni
/2012
18:52
Ähnlich wie beim Auto
wird dir deine Ehefrau
nur in der Grundausstattung ausgeliefert
jedes Extra
wird im Katalog
dezent unter "Zubehör" aufgelistet
die Unzufriedenheit wächst
die Erkenntnis
man hätte gleich am Anfang
mehr investieren sollen
zumindest aber
das Sportpaket buchen sollen
mit den Latexhupen
und der Schrittheizung.
Der Kampf ist nun entbrannt!
Immer willig und bereit
die rosafarbenen Schatullen
wie aufgeplatzte Fahrradschläuche
die Retortenhaut
gefühlsechter
als mancher Pflaumenkuchen.
Doch auch die Frauen
rüsten auf!
In Habachtstellung wie Torpedogeschosse
stehen Mutti's kleine Helfer
mit mehr Funktionen
als ein Küchengerät
allerdings
bleibt die Frage offen
ob Frauen einen Handwerksburschen
oder doch nur
eine billige Bohrmaschine suchen.
Am Ende
liegen beide in Handschellen
und fragen sich
was sie verbrochen haben.
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26. Mai 2012
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/05
/Mai
/2012
16:07
Es gibt diese Streits
die soviele Grundmauern einreißen
dass man eigentlich
genausogut
Schluß machen könnte
schmerzhafter
könnte es auch nicht sein
wenn das gute Porzellan
zerschlagen wird
und man Angst hat vor dem Tag
wo man den Schrank öffnet
und da ist nichts mehr
was man noch
zerschlagen könnte
LAST DAYS OF POLTERABEND
in der verbliebenen Stille
schnürt es mir
die Kehle zu
auf das Format einer Stecknadel
wo Arschloch Fotze Drecksau
noch zum harmlosesten Vokabular gehören
wo alles lärmt & rauscht
wo man sich schämt
den Nachbarn im Hausflur
in die Augen zu sehen
doch gibt es nichts
was dieser anonyme Wohnblock
nicht schon erlebt hätte.
Ich sehe die Briefkastenschlitze
wie zusammengekniffene Augen
und aus den Mülleimern lacht es
während sie Teppiche klopfen
wie sie es immer schon taten
und ich fühle mich geprügelt
wie dieser Teppich.
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18. Mai 2012
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/05
/Mai
/2012
07:07
Das brutzelnde Fleisch am Kebapgrill
die Smartphones gezückt
wie Gewehrläufe im Schützengraben
simst man sich
während der Pizzaofen
vor Weißglut glüht.
Das Befindlichkeitsgeplapper im Biergarten
Vatertagsfreuden
mit Montagskater danach
die feinen Herren unter sich
hier wird Politik gemacht
und nicht in Berlin
schimpfen sie über die Pappenheimer.
Horden von Sonnenbrillen
an der Eisdiele
man sieht & wird gesehen
teilt Schwarzwaldbecher & Gerüchte
beobachtet Passanten
ob sie aus der Norm fallen
oder sich zusammennehmen.
Schlüsselkinder
die nach Waschpulver riechen
& Verwahrlosung
weil Vater und Mutter beide buckeln
damit einmal im Jahr
der Urlaub auf dem Campingplatz
noch möglich ist
wo sie wieder vortäuschen
eine glückliche Familie zu sein
während Vaters Augen
an der Auslage der Kioskverkäuferin hängen.
Die alten Kleingeldzitterer an der Kasse
immer die abgepackte Wurst
gern mal nen Korn
um die Kanten des müden Alltags abzufasen
altsein
ist nichts für Feiglinge.
Die Familie Feist
mit ihren rosigen Bäckchen
Einkaufswagen voll
& Kinderwagen auch
da rollt die Zukunft
vor sich selbst davon
als würde sie sich ekeln.
Die stinkenden Autos
gesponsort von Proletenpapi zum Abi
rostige Familienkutschen
mit Sitzpolstern
aus denen die Polsterwatte quillt
wie die Gedärme
eines Verkehrsopfers.
Der Lärm der Fabriken
und am Wochenende
da lärmen sie mit dem Rasenmäher
im besten Feinrippunterhemd
das Bier auf die Gartenmauer gelehnt
rauchen billige Kippen
und reden mit dem Nachbarn
um später über ihn reden zu können.
Manchmal sind wir eher hart
als herzlich
über Generationen
degeneriert aus Arbeitern & Bauern
Kultur verkommt
zu Perlen vor die Säue
auch wenn man sich bemüht.
Ich bin ein Teil von euch
ob es euch passt
oder nicht
unsere Dekadenz
hat uns miteinander verschweißt
wie mit einem Stahlband
welches uns beiden
das Herz abschnürt.
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11. Mai 2012
5
11
/05
/Mai
/2012
08:04
Irgendwie
beneidete ich ihn
den kleinen Chinesen
der mir wirre Worte zuflüsterte
da sitz ich
mühsam am Photoshop
um die Farbsättigung hochzudrehen
und der
klinkt sich ne Pille
und sieht die Farben intensiver
als ich es je könnte.
Hoch die Humpen
es wird angestoßen
auf eine neue Kneipenbekanntschaft
die sich
zur Sperrstunde verliert
wenn alle Hefe gärt
und sich den Weg
durch die Kehle schraubt.
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10. Mai 2012
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10
/05
/Mai
/2012
07:58
Ratrat ratrat
dreht sich die Trommelkammer
wenn Anfang & Ende
eins werden
dann schließt sich der Kreis
über ihrem müden Haupt.
Die=selben Küsse
die nach Bier schmecken
& kaltem Rauch
der zwischen den Zähnen hängt
wie Reste einer Henkersmahlzeit
diesselben Küsse !also
wie der Vater ihr gab
in der Kammer aus Schmerz & Scham
wenn er sich kurz umdrehte
um die Tür von=innen zu schließen
und Mutter
den Schlaf im Ehebett vortäuschte
dabei einen {Vakuum}!schrei
in den Handballen drückte
genauso
wie es die Tochter tat
in jenen Nächten.
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7. Mai 2012
1
07
/05
/Mai
/2012
15:03
Wenn sich alles anfühlt
als sei es
einem Film entsprungen
wenn du mühsam
deine fahrigen Notizen durchblätterst
in der Hoffnung
der Regisseur
hätte eine Fußnote hinterlassen
die es dir erlauben würde
noch einen Tag
weiterzumachen
wie die elendigen Fotzen
es von dir gewöhnt sind!
Irgendwo muss er sein
zwischen
wutvoll niedergeschriebenen Kritzeleien
der Beweis
dass ich
ein gutes Leben geführt habe
eines
wie es im Drehbuch stand.
Und doch fallen mir nur
abgegilbte Postkarten in die Hände
die mich daran erinnern
wer ich einmal war
an verschiedenen Bahnhöfen
die das Leben
mir parat hielt.
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Thomas Reich
29. April 2012
7
29
/04
/April
/2012
06:32
Kein freier Gedanke
den du mir nicht
schon ausformuliert hättest
kein Tag vergeht
nicht ein einziger
in meiner Vorkammer zur Hölle
ohne dass du
die gute Hausfrau spieltest
mir die Einkaufsliste simst
und wenn ich heimkehre
so liegen die Müllsäcke vor der Tür
anklagend
dass ich sie in den Hof trage.
Keine Minute
wo ich still am Web säße
ohne aufzuspringen
weil es dich
nach einer Tasse Tee gelüstet.
Keinen Moment mehr
der nur mir gehörte
umgluckt
geklammert & getaped
wie ein Siechkranker
an deiner Liebenswürdigkeit.
Keinen Moment der Stille
einer Stille
wie nur ich sie kenne
und genießen kann
nur ich allein
mit meinen Gedanken
der wilde Wolf
röhrend, in der Steppe.
Olle Zippe
mach's Licht aus!
Denn die Dunkelheit
gehört mir ganz allein
nie würde ich sie
mit dir teilen wollen.
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Thomas Reich
29. April 2012
7
29
/04
/April
/2012
06:31
Manchmal
wenn die Summe meiner Tage
nur aus
HÜPFSPRINGMACH
besteht
miete ich mir ein Zimmer
in einem billigen Motel
am anderen Ende der Stadt
wo die letzten Reste von Zivilisation
in den Betonrissen
der Parkbuchten verschwinden
bloss um dich
nicht sehen zu müssen.
Ich blättere in alten Zeitschriften
die frühere Gäste vergaßen
während sie Nutten bezahlten
Kokslinien auf dem Waschbecken zogen
oder Revolver durchluden
die nur eine Kugel enthielten.
An meiner Tür
hängt "Bitte nicht stören"
denn ich genieße die Stille
wenn mich niemand
durch meine Tage hetzt
um mir die Nächte abzuknöpfen.
Der Portier ruft an
er fragt mich
ober er mir
ein paar "Stuten" bestellen solle
doch ich lehne
dankend ab.
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29. April 2012
7
29
/04
/April
/2012
06:17
Für die Länge einer Zigarette
liegt die Stadt unter mir
tausend ungeträumte Leben
und verdammt nochmal
ich könnte eines davon sein!
Aus dem offenen Fensterspalt
dringt das Gemecker
eines versauten Lebens
und der einzige Rückzugspunkt
den ich noch habe
ist dieser Balkon
der nie länger dauert
als eine Zigarette.
Wir rauchen nicht mehr
im Wohnzimmer
wir stellen das Geschirr
in die Maschine
wir bringen den Müll runter
wir kuscheln
wir wir wir
wir sind so perfekt
dass ich wie eine Katze
meine eigenen Haare erbrechen möchte.
Tausend Leben ungeträumt
und wovon träumte ich?
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12. April 2012
4
12
/04
/April
/2012
16:37
Humpty Dumpty saß auf einer Mauer
und wirf ihn runter
er wird nicht mehr
als Scherben sein
der Mann der großen Worte
die er salbungsvoll streute
einst
in den Tagen
als das Volk ihn
anbetete ohne Ahnung
in welches Unheil
er sie noch stürzen würde.
Siehst du
die Linien nicht
der fragile Stoff
aus dem er geflickt ist
wie die Narben
eines bettlägerigen Patienten
durchziehen sie ihn
Bruchstein
geboren
um in Stücke gehauen zu werden.
Nenn ihn Monti
nenn ihn Venizuelas
nenn ihn Rajoy
nenn ihn Hollande
nenn ihn Merkel
nenn ihn Goldman
nenn ihn Sachs
frage dich
wie weit die Macht der Erwählten reicht
als die Hundeleine
der Bankster.
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Thomas Reich
11. April 2012
3
11
/04
/April
/2012
17:07
Der Zar liegt zerschossen
in seinen blutenden Eingeweiden
auf den Barrikaden
lärmen sie nach Freiheit
lasst es hundert Blumen regnen
und fragt euch
wie weit die Ketten reichen
mit denen ihr
an eure Scholle gekettet seid
ihr Leibeigenen.
Kommandobasis:
Herr Kapitän ich melde
eine ruhige See.
Rot glimmen die Notlichter
in den schmalen Gängen
der Druck des Ozeans
auf ihren Köpfen.
Ich sehe dich in einem fernen Auge
kalt und stählern
dem Auge einer Überwachungskamera.
Nennen wir also die
Freunde
die früher unsere Verräter waren
bereiten wir ihnen
eine heiße Bouillon
in der Kombüse.
Der Kapitän sieht durch die Gitterlinien
seines Fadenkreuzes
Ehrenabzeichen auf der Schulter
was sie nicht freiwillig
von sich preisgeben
in den weiten Wogen des Netzes
wer dem Algorithmus
einer Gesichtserkennungssoftware
noch zu entfliehen versucht
muss nun lernen
unter dem Generalverdacht
der Gouverneure zu stehen.
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Thomas Reich
11. April 2012
3
11
/04
/April
/2012
17:06
Mit jedem Schritt
den ich tue
bluten die Karfreitagslöcher
in meinen Füßen
Wunden
die du mir geschlagen hast.
All die schweren Prüfungen
die du mir auferlegt hast
für dich
mögen sie nur
ein Test sein
aber die Einsätze sind zu hoch
spielst auf Zeit spielst auf Glück spielst zum Spaß
du spielst mit falschen Karten
gegen mich
und dein sanftes Lächeln
dass ich nur verlieren kann
dass ich nie
deinen hohen Anforderungen
genügen werde
du es aber nicht müde bist
mich an mein schlechtes Gewissen zu binden
das ich ohne dich
nicht hätte.
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Thomas Reich
29. März 2012
4
29
/03
/März
/2012
11:56
Heil dir, Monsanto
auf dem Schlachtfeld
der Agrarindustrie
wo die Natur
zum Patent verkommt
hunderttausende indischer Bauern
sich in armseligen Hütten erhängen
weil sie sich die Natur
nicht mehr leisten können.
Die Natur ist ein Produkt
der Bauer nur ihr Fehler
der am Ende ausgemerzt wird.
Die Großkonzerne
fahren ihre Maschinen
über endlose Hektar
unter der Sonne
wie ein Schwarm
schwarzer Heuschrecken
wie der letzte apokalyptische Reiter
den der Himmel ausspuckte.
Und jeden Morgen, zuckerverklebt
wandern deine Lügen
auf den Frühstückstisch
in Milch ertränkt
wie es die Kinder lieben.
Kann ich ein sattes Lächeln haben
von diesem Kind?
Ich frage mich
wie es wohl
in eurem Hochglanzprospekt
aussehen mag.
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Thomas Reich
20. März 2012
2
20
/03
/März
/2012
09:46
Dein blödes Maul
die Worte
die du mir im Hals rumdrehst
bis sie dir passen
deine meine Schreie
Tages des Schweigens.
Gefangen in der Zeitschleife
wünschte ich
nur ein einziges Mal
mit dir reden zu können
ohne dass es eskaliert.
Dein blödes Maul
die Worte
die du mir im Hals rumdrehst
bis sie dir passen
deine meine Schreie
Tages des Schweigens.
Lüg mir einen Frieden zurecht
auch wenn du
selbst nicht daran glaubst
nur einen Augenblick
zum Luftzuholen.
Dein blödes Maul
die Worte
die du mir im Hals rumdrehst
bis sie dir passen
deine meine Schreie
Tages des Schweigens.
Ich betrachte dich sachlich
du mich menschlich
genau so
als fühlten Menschen
keinen Schmerz.
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Thomas Reich