Das Fest der käuflichen Liebe
Mein Zahn tut mir weh, ich fahr durch die Stadt
Die sich mit Millionen von Lichtern beleuchtet hat
Ich denke: Mein Gott! Schon wieder soweit
Schon wieder einmal Vorweihnachtszeit
Die Hektik, die Massen, der Verkehr, mittendrin
Stecke ich, und komm nicht zum Doktor hin
Wie immer beginn ich das Fest zu verfluchen
Wie sie plötzlich alle nach Liebe suchen
Der Liebe, die sie, ein Jahr lang, nicht gaben
Und die sie auch nicht empfangen haben
Jetzt ziehen sie los und kaufen die eben
Alles scheint käuflich in unserem Leben
Das Geld reicht nicht? Die Bank kann’s besorgen!
Man muss sich halt etwas Liebe borgen
So rechnen sie nach und denken mit Bangen
Werd ich ebensoviel Gegenliebe empfangen?
Und da sind ja noch die, die sich selbst beschenken
Die das ganze Jahr nur an Karriere denken
Irgendwann wollen sie reich und bedeutend sein
Nur jetzt kaufen sie Lebensfreude ein
Der Ehefrau zeigt, wie sehr man sie liebt
Dass man für sie sehr viel Geld ausgibt
Nur der hässliche alte Millionär
Liebt seine junge Frau noch etwas mehr
Aus dem Radio hör ich, wie sie lautstark spenden
Und denke, vielleicht die, die sich sonst abwenden
Wenn ein hungernder Mensch an der Straße steht
Und sie um etwas Geld anfleht
Schafft die Weihnachtszeit solchen Wandel?
Oder ist es moderner Ablasshandel?
Nach einer Ewigkeit bin ich angekommen
Der Doktor hat mich sofort dran genommen
Nach Minuten sieht die Welt viel freundlicher aus
Meine Schmerzen vergessen, der Zahn ist raus!
Ich danke dem Doktor. Von Schmerzen befreit
Denk ich: Ach, du schöne Weihnachtszeit!
Der Doktor sagt, endlich hätte er frei
Doch müsse er noch zwei oder drei
Oder gar vier Geschenke kaufen
Und stöhnt: er wird sich die Füße wund laufen
Der Brauch verlangt diese Liebesgaben
Für Menschen, die doch alles schon haben
Doch man fühlt sich verpflichtet, ganz ungelogen!
Mir, Doktor, hast du diesen Zahn grad gezogen!